Montag, 28. März 2011
Deutscher Frühling
Grün war schon immer meine Lieblingsfarbe. Grüne Farbtöne habe ich in letzter Zeit sehr häufig beim Al-Jazeera-Kucken vor Augen gehabt, und gestern auch auf allen deutschen Kanälen: frisch aus Baden-Württemberg! Spannend, was sich in Deutschland tut! Es ist so abwechslungsreich wie bei einer Ampel! Und so unregelmäßig wie ein Erdbeben... Dass so viele Menschen in Deutschland (und dann noch im Süden) Die Grünen toll finden, gefällt mir natürlich. Das ist doch mal so eine Art Deutscher Frühling - der hoffentlich keine größeren Katastrophen nach sich zieht...
Sonntag, 27. März 2011
Eduard und Arthur Wiens - in Deutschland verfolgt und zu Unrecht inhaftiert
Vielleicht sollten wir auch in Deutschland etwas mehr Demokratie wagen und öfter mal gegen Unrecht protestieren!? Hier mag es um einiges demokratischer und zivilisierter zugehen als etwa in Libyen oder Syrien, aber: Auch hier bei uns in Deutschland, und in diesem speziellen Fall hier bei uns in Ostwestfalen-Lippe, werden Menschen zu Unrecht verfolgt und ins Gefängnis gesteckt. Ich gehe davon aus, dass es viele Fälle gibt, von denen ich nichts erfahre. Weil mir die Gruppe der Russlandmennoniten jedoch am Herzen liegt, ist mir überhaupt nicht egal, was etwa mit den Familien Eduard and Rita Wiens sowie Arthur and Anna Wiens aus Salzkotten (Kreis Paderborn, NRW) geschieht.
Das sind Menschen, die nie etwas Kriminelles gemacht haben, die arbeiten und steuern zahlen, die sich wunderbar um ihre Familien kümmern - und, das kommt noch dazu: Dies sind Menschen, die davon überzeugt sind, dass sie selbst die Hauptverantwortung für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder haben - was absolut konform mit internationalem und europäischem Recht ist. Da es in der Schule der Kinder dieser Familien Unterrichtseinheiten gegeben hat, mit denen die Eltern nicht einverstanden waren, nahmen sie die Kinder für diese konkrete Zeit aus dem Unterricht und erhielten dafür Bußgeldforderungen. Diese wollten sie aus Prinzip nicht bezahlen. Letztes Jahr mussten sie deshalb bereits Gefängnisstrafen über sich ergehen lassen, und dieses Jahr nun wieder - jetzt in diesen Tagen in der JVA Hamm.
Die Unterrichtseinheiten zum Theme "Mein Körper gehört mir" sind eigentlich eine gute und sinnvolle Sache, finde ich persönlich. Meine Kinder haben in ihrer Grundschulzeit auch daran teilgenommen. Aber wenn hier jemand eine andere Meinung hat und diese sehr wichtig für ihn ist, sogar so wichtig, dass er bereit ist, für seine (ganz und gar demokratischen) Überzeugungen heftige Strafen in Kauf zu nehmen, dann sollte man das respektieren. Und auch der deutsche Staat sollte sich da nicht korinthenkackerisch vergreifen. Mit diesem Blogpost möchte ich meine Kritik an der Vorgehensweise der zuständigen Behörden aussprechen - und auch meine Solidarität mit den Familien Wiens bekunden.
Siehe auch
Donnerstag, 24. März 2011
Viktor Friesen
Gestern
nahm Viktor seinen 10-jährigen Sohn mit aufs Rad und wollte den Frühling genießen. Sie stürzten. Der Kleine schaffte es, sein Vater leider nicht...
Au Mann, das tut mir so unendlich leid...
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Samstag, 12. März 2011
Freitag, 11. März 2011
津波
Was da gerade in Japan passiert, erschüttert die ganze Welt. Erst dieses wahnsinnige Erdbeben, dann zu allem Überfluss noch ein Tsunami, der wie ein gemeiner Gewinner noch einmal drauftritt. Und dann die Angst vor einem noch größeren Unglück wegen den Atomkraftwerken dort... Klar, dass wir große Angst haben vor diesen Katastrophen. Ich auch. Auch wenn ich hier in Deutschland nur die Bilder sehe und selbst nicht erwischt worden bin. Neben Mitleid mit den Menschen in Japan hat sich heute bei mir noch ein anderes unbequemes Gefühl eingeschlichen: Mein Motto hier in diesem Blog (siehe Foto rechts unten, wo ich über das Gute und Böse in meinem Herzen staune...) hat einen merkwürdigen Bezug zu dieser Katastrophe bekommen. Heute Morgen erhielt ich nämlich eine Email von Jack Thiessen. Er schreibt immer wieder mal plautdietsche Kurzgeschichten. Heute kam überraschenderweise eine neue "Predigt" aus seiner Reihe "Predicht fier haite" - in diesem russlandmennonitischen Deutsch, in welchem ich in meiner Kindheit und Jugendzeit wöchentlich viele viele viele Predigten gehört habe. Auch wenn Thiessens Predigt wohl eher eine Parodie ist, die Botschaft bleibt: Was in unseren Herzen los ist, wird uns und unsere Umgebung langsam aber sicher beeinflussen. Und verändern. Und wenn wir Pech haben, dann so gewaltig und so nachhaltig wie das, was da gerade in Japan passiert...
Das Bild oben ist von Michelangelo Merisi da Caravaggio und zeigt die Bekehrung von Saulus zum Paulus kurz vor Damaskus. Hier die "Predigt" von Jack Thiessen, mit freundlicher Erlaubnis:
Liebe Jemainde,
Maine Gattin Njuta hat mich nun schon mehrere Jahre hinterainander jemahnt, und vemahnt, ich soll doch zu guterletzt noch aine Predicht von die Kanzel loslassen, welche die modernen Sinden behandelt.
Ja, und wail maine Gattin Njuta, maint, ich verfiege noch immer ieber den gettlichen Mut und Einsicht, um die Sinden baim Namen zu nennen, und die Sinder auch am Zagel ihrer Iebeltaten zu knaifen, gedenke ich solches haite mal zu wagen.
Wail ich kainem nicht ainergern wollte und auch kainem das Leben unneutigerwaise vorhatte, sauer zu machen, habe ich diese Predicht dann immer wieder aufgeschoben, und in die letzte Schublade geschoben. Denn es ist ja maistens doch soo, wenn man ain ganz grooses Problem hat, das sich schier nicht loesen lassen will, dann soll man doch am liebsten da Rat suchen, wo die Biebelwaisen schon immer Rat und Waishaiten suchten, naemlich auf dem Liegekissen der Ruhebank des Wohnzimmers, oder noch weiter nach hinten: auf dem molligen Kissen des Schlafzimmers.
Dann zwaimal hinterainander sich nach getaner Arbeit auf das Kissen hinlegen, und dann auch die Lasten des Allerlais und Vielerlais, und die vielen Triebsale und Mieseeligkeiten da abladen, und wenn man dann wieder ausgeruht aufsteht, schlafen die vielen Probleme waiter, und Unserainer hat sich der Lasten der Lebenstriebsaligkaiten entledigt. Das ist das beste Rezept fier ainen gestandenen Christenmenschen mit die Probleme fertig zu werden.
Und siehe, das ist dann auch sait Jahren das probate Mittel gewesen um mit dem Erger des Lebens fertig zu werden. Und dann, wenn der liebe Gott auch noch mitmischt, und er auch unter die Zudecke kriechen tut, werden die Probleme umso schneller geleest, und man kann mal wieder fraie und frische Luft schepfen, und dann wird das Leben auch glaich angenehmer, und die Frau fengt wieder nach der alten Waise an zu schmustern. Auch so maine Gattin Njuta.
Nur dieses Mal wollte mir nichts glicken, wail maine Gattin Njuta darauf bestand, dass ich mal mit ainem Bibelworte kommen sollte, um das Problem der modernen Sinden zu leesen. Und so blieb mir nuscht nich iebrig als im Naien Testament so lange zu suchen, bis ich die Predicht fier Haite fand. Und siehe: bald war es dann auch so wait, wenn ich auch zugeben muss, dass maine Gattin Njuta der froehliche Stein der Anregung diesmal war.
Wir lesen zur Betrachtung das Wort wie es in Apostelgeschichte Kapitel 9 Vers 1-6 steht, und dann auch 10-16 desselben Kapitels. Es geht hier um die alte aber wichtige Jeschichte der Bekehrung des Apostel Paulus.
Wir alle wissen, welche gewaltige Bedeutung dieses Eraignis fier den christlichen Wandel der Welt wurde; ja, liebe Geschwister, es geht hier um die ganz grosse Bekehrung, und um die Umwandlung des Saulus, den Christenverfolger, und wie dieser wietige Christenjaeger im Handumdrehen zu einem sanftmietigen Missionar fier den Herrn wurde. Was sich da auf dem Wege ‘gen Damaskus abspielte, als der Saulus zum Paulus wurde, war auf der Rangebene als wenn ain Hitler zu ainem Billy Graham geworden waere, oder ein Stalin zu ainem Menno Simons, oder vleicht sogar, dass aus ainer Sarah Palin ain klainer Albert Einstein werden konnte. Soo gewaltig!
Jetzt wissen wir’s!
Aber, Ihr Teuren, wollen wir uns aber auch mal vorstellen, was soo im Trubel des alltaeglichen Allerlais und Vielerlais fast so oft passiert, wenn ain Saulus zu ainem Paulus wird. Ja, ja die Erfahrung lehrt, dass sehr oft, ja viel zu oft, ain Paulus aber auch zu ainem Saulus wird. Und sogar in unseren Kraisen der Gemainde kann man solche Ungeheurlichkaiten nicht nur beobachten, sondern auch erleben, und dann melden, und bekennen, o ja!
Und wail mainer Gattin Njuta solche Felle so sehr bekannt sind, besonders nachdem wir ain Telephoon bekommen haben, und wail ihr auch noch waitere Schendlichkaiten baim Damen- und Naehkrenzchen zu Ohren kommen, die ihr so groos und wichtig wurden, habe ich dann endlich zugesagt, dass ich darieber predigen werde, mit die Absicht, das hoffentlich aine Menge der Paulaner, die hier bai uns Mennoniten zu Saulaner geworden sind, und sie zurueck nach Damascus treiben, damit ihnen die Schuppen von die Augen fallen, und sie sich in die Hende spucken, und frisch entschlossen, wieder zu Paulanern werden.
Das ist nicht nur maine Absicht, sonder auch main Auftrag hier in Grienthal an der Elimergemainde.
Also, ist das Gegenstand der Predicht fier Haite. Natierlich kann ain jeder Prediger sich hier wichtig tun, aber die Dinge, ja den Sinder mal baim Namen zu nennen, dazu fehlt ihnen maistens der Mut und die Ainsicht. Und wenn man dann mal forsch genug auftritt, und die Sinden samt Sinder baim Namen zu nennen den Mut aufbringt, dann kann es ainem sogar passieren, dass die Busnisslaite von Stainbach ainem maiden und ihre Geschaefte dann nach Winnipeg verlegen, oder sogar ieber die Grenze in die Staets fahren und baim Onkel Sam ihre Einkaeufe machen. Ja, so kann es ainem passieren, wenn man hier als Prediger den Christenmut walten laesst.
Aber wir wollen es ruhig im Namen des Herrn draufankommen lassen, und die Wahrhait auf die Probe stellen.
Fangen wir ruhig mal hier in die Nachbarschaft an: Bai David Eppens ist der elteste, der David, sehr rachullig geworden, und spekuliert mit grosses Geld, und baut Gebaeude in Nordkildona am Henderson Haiway aus Glitz und Glanz, fast wie im Neuen Jerusalem es moode sain soll. O, wie wietet da mal wieder die schneede Sinde, fast wie in der Molotsch bevor dort die Lichter der Vernunft ausgingen.
Also ist dieser David, ain ainstiger Paulus, zu ainem Saulus geworden.
Und dann nehmen wir auch mal ruhig den Peter Thiessen, den wir manchmal auch den Hunjschen Thiessen nennen , ihren eltesten Peter an. Dieser Peter, der auch einen biblischen Namen traegt, sollte uns aine Ladung Sweet Clover Garben umsonst bringen, wie es ainem Prediger fier saine Kuh und sainem Kunter zusteht. Aber was tat dieser Peter? Er brachte uns zwar ainen Heuwagen voller Garben, aber wail ich seelsorgerisch mal wieder unterwegs war, und maine Gattin Njuta soo gutgleibich ist, hat dieser Beusewicht ihr ganze zwei Dollar abgeknipft. Das ist der zweite Paulus, der zu ain Saulus wurde, und baide sind dazu auch noch unsre Gemaindeglieder!
Ja, und dann die Wienses Elisabeth, die nailich in Sankt Pierre mit ain Soldat in Uniform ain Glas Bier oder vleicht sogar zwai mitten am hellichten Tag, wo die Arbeit doch im Juli von allen Kanten und Enden stendig ruft, getrunken, und dabei noch lachte, oder zumindest kicherte als unser Diakoon da in der Bierhalle zufellig vorbai kam. Ween’s so hat man maine Gattin Njuta erzaehlt. Also schon Nummer Drai der Paulaner, die den Rickweg gen Damascus einschlug, und jetzt Saulinchen, wenn nicht gar Frau Loot heisst!
Und nicht zu vergessen ist dann auch der zwaite Soohn des Hunjschen Thiessen, der altnasige Hans, der sich schon immer so sehr gegrommt vorkam. Dieser ist in Gnadenfeld zu Hause, und tut dem Namen sainer Heimat, Gnadenfeld also, wenig Ehre an. Ja, diesen Gernegroos schrieb sainen Namen schon immer Paulus mit ainem klainen p, aber maistens ist er ein Saulchen geblieben. Saine Iebeltat ist, dass es maistens redet ohne vorher zu ieberlegen, was aus sainem vorlauten Schnabel an Unsinnigkaiten ‘rauskommen warden.
O ja, und wenn wir schon dabai sind die Kammertier der Sinden aufzumachen, missen wir auch den Jasch Blocken Peter erwaehnen. Dieser Peter hat auch mehr Janker im Herzen nach irdischen Dingen als Kopeken in der Fuppentasche, und so nimmt er sich hier und da bai die Nachbarn Hafer in ain verbeulten Aimer, und geht in andere Nachbarspferdekoppeln und lockt die Pferde an, und schnaidet ihnen die Haare von dem Kamm und von die Zageln, und verkauft das getohlene Haar fier sehr gutes Geld und tauscht dann noch gestohlenes Geld fier Whiskey oder sonst Sindiges ain. Und schon wieder wird ain Paul zum Saul.
Wail aber dieser Jasch Blockens Peter auch der greeste Leithammel under die schwarzen Schafe ist, kennen wir damit auch die Predicht fier Haite zum Schluss kommen lassen, und uns gemainsam wieder frohen und guten Muts nach Damascus bewegen, im festen Glauben, dass Saulus sich mal wieder hat zum Paulus bekehren lassen. Denn das ist bai uns Prediger schon immer die Kraft gewesen, wenn wir den Mut aufbrachten, die Dinge baim Namen zu nennen.
Amen!
Montag, 7. März 2011
Ist das so richtig?
Tag für Tag verbringe ich viele Stunden in meinen Integrationskursen. Neulich hatte jemand in der Pause die Tafel gewischt und jemand anders nutzte die Gelegenheit für eine kleine Schreibübung...
Sonntag, 6. März 2011
Mäetaguse
Heute wählt Estland ein neues Parlament.
Mit seiner überschaubaren Einwohnerzahl von etwas mehr als einer Million Menschen hat dieses EU-Land bisher Erstaunliches geleistet und erfahren. Für mich bleibt dieses hübsche baltische Stück Erde nicht nur deswegen interessant, weil es sowohl früher als auch heute so intensiv mit den Russen und den Deutschen verbunden ist - wenn auch immer mit einer gepflegten inneren Distanz. Für mich bedeutet Estland: Kindheit, Haus und Hof und großer Garten, Tagträume im Heuschuppen, hören, wie meine Schwester Anni mit ihren estnischen Freundinnen Monika und Sirje redet, in einer Sprache, die ich nicht verstehe...
Und für mich bedeutet Estland: erster Schultag, erste Schulwoche - dann war Schluss. Denn es war 1975 und meine Eltern hatten die Koffer für Deutschland gepackt. Genau 30 Jahre später, an einem 1. September, habe ich in diesem Schulgebäude in Mäetaguse (Foto) mit meinen Brüdern und Schwestern übernachtet - und zufällig meine Lehrerin getroffen! Das schöne und großräumige Gebäude wurde 1796 vom Deutschbalten Eugenius Octave von Rosen erbaut und wird heute u. a. auch von der Stadtverwaltung genutzt, inklusive Gästezimmer. Das Foto stammt aus der unvergesslichen Estland-Tour mit meinen Geschwistern Mieche, Jascha, Anni, Erna, Rudi und Hans. Heinrich war leider schon tot.
Das war 2005. Da wurde Andrus Ansip in Tallinn Premierminister. Heute wieder? So oder so: Ich wünsche diesem Land Glück für die Zukunft - hea õnn tulevikuks!
Mittwoch, 2. März 2011
Perestroika
Michail Gorbatschow wird heute 80 - und ich habe große Lust, ihm zu gratulieren! Anscheinend teilt in seiner Heimat Russland kaum jemand diese Lust mit mir. „Er hat kein Glück gehabt mit uns, seinem Volk“, sagt z.B. die Politologin Lidija Schewzowa. „Aber wir haben Glück gehabt mit ihm. Leider wird es noch einige Zeit dauern, bis wir das endlich begreifen“, meint die Moskauerin und feiert heute in London. Denn der Perestroika-Prophet hat im Ausland mehr Freunde als zuhause. Woran das wohl liegt?
So oder so: In seiner neuen Eigenschaft als Kritiker Putins wünsche ich dem Nobelpreisträger Michail Gorbatschow viel Glück und auch immer mehr Fans in Russland.
Die Zitate von Lidija Schewzowa stammen aus dem Focus-Artikel Gorbatschows zweite Perestroika.
Siehe auch Mal so, mal so (Interview Poetry)
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