Sonntag, 18. Oktober 2015
Navid Kermani und Pater Paolo
Heute Mittag hat mich Navid Kermani zum Gebet aufgefordert. Ich folgte seiner Aufforderung, stand auf und betete. Für ein Ende des Krieges in Syrien. Dass Gott Frieden schenken möge... Heute wurde in der Frankfurter Paulskirche die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den deutsch-iranischen Schriftsteller, Publizisten und Orientalisten gefeiert. In seiner Festrede sprach Kermani nicht nur über Literatur, Religion oder den Islamischen Staat. Da war auch die Rede von Hoffnung. Und von Pater Paolo, dessen Denken und Handeln vor allem von Liebe geprägt war. Irgendwie hat mich Navid Kermanis Rede heute tief berührt und ich war bestimmt nicht der einzige, der in seiner Wohnung vor dem Fernseher spontan aufstand und betete oder sonst irgendwie in seinem Herzen einen ehrlichen Wunsch aussprach - gemeinsam mit allen anderen in der Paulskirche. Das war schon irgendwie ein sehr merkwürdiges Bild, ein sehr merkwürdiger Augenblick...
Samstag, 3. Oktober 2015
Wurom befrieje?
Wurom befrieje, froag etj ahm
En hee blifft fief Minute stell
Tjitjt no mie, etj no ahm
Sajcht escht nuscht, dan bloos stell:
Na horch e'mol, waut frajchst du doa
Dee Auntwot es doch zimlich kloa
Daut ziemt sich soo, daut doo wie soo
Wea daut nich deit, tjricht graue Hoa
Wurom "befrieje" wull etj weete
Tjast es Tjast, daut kaun soo heete
Wan dee Brutlied sich vebinje
Tjen wie dan noch Frieheit finje?
Wurom "befrieje" froag etj ahm
En hee blifft wada zimlich stell
Tjitjt no mie, etj no ahm
Spelt een bet mett siene Brell
Wurom "befrieje", nich "vebinje"
Von waut es een Befrieda frie?
Selwst Deena en selwst Tjnajchte
Habe schienboa meea Rajchte
Hee horcht mie too en lat mie rede
Aus wan dee Auntwot enne Loft licht
Aus wan aul aundre mie daut sede
Aus wan mien ejnet Hoat daut ennwoat:
Frieheit ohne Frint es Fient
Bloos wea deent
Opp emma sich vebinjt
Dee es befriet
Speat Leew en sinjt
* * *
Meine Nichte Janette Voth und Eduard Neufeld heiraten heute in Siegburg. Janette hat sich ein plautdietsches Gedicht von mir gewünscht - und hiermit bekommen ;)
Freitag, 25. September 2015
40 Jahre, ein Baby und viele Flüchtlinge
Heute vor genau 40 Jahren hatten meine Eltern mit ihren acht Kindern ihren ersten Tag in Deutschland! Irgendwo in Friedland stand ich begeistert vor einem Kaugummi-Automaten und genoss die neuen Farben und Geschmacksrichtungen! Ich kann mich an kaum etwas anderes erinnern, auch wenn ich damals schon sieben war. Zwei Jahre Russland und fünf Jahre Estland hatte ich schon in meinem Rucksack.
In den kommenden Monaten musste ich dann erst einmal etwas Deutsch und ein wenig Russisch lernen - Plautdietsch reichte irgendwie nicht mehr. Wir verbrachten ungefähr ein halbes Jahr im heutigen Flüchtlingslager in Unna-Massen bei Dortmund. Danach zogen wir nach Siegburg, wo ich bis zum Abi blieb.
Während meines Sprachkurses heute Vormittag schaute ich ständig auf mein Handy, weil immer wieder neue Nachrichten kamen - auch von Rudi aus den USA und Hans aus Australien. In unserer Familien-Whatsapp-Gruppe wurden Erinnerungen ausgetauscht. Außer Maria (Mieche) sind alle ein paar Jahre älter als ich, klar also, dass alle sich besser erinnern. Zur Feier des Tages wurde dann auch noch ein Kind geboren: Meine Nichte Jessica und ihr Kyle haben ab heute eine kleine süße Lucie in ihrer Familie - Glückwunsch!
Irgendwie sind wir ständig auf der Suche nach etwas mehr Sicherheit, etwas mehr Freiheit und natürlich auch etwas mehr Wohlstand. Wofür brauchen wir das eigentlich?
Donnerstag, 2. Juli 2015
Jan geht
...wahrscheinlich bald studieren. Denn sein Abi hat er inzwischen in der Tasche! In den letzten Monaten und Wochen hat mein kleiner großer Luhmann intensiv gepaukt, ein paar Prüfungen bestanden und natürlich auch viel gefeiert! Ich freue mich sehr sehr sehr für ihn und wünsche ihm und seinen Freunden möglichst wenig Stolpersteine in der Zukunft!
Sonntag, 5. April 2015
Vertrauen
In ungefähr einer Stunde geht die Sonne auf. Ich gehe einfach mal davon aus. Natürlich habe ich es nicht in meiner Hand und es wäre uvorstellstellbar schrecklich, wenn das nicht passieren würde. Ich gehe einfach und ruhig davon aus, dass es passiert.
Schöpfer und Schöpferin des Lebens, ich bin euer Kind und ich glaube an unsere Dreieinigkeit!
Frohe Ostern!
Mittwoch, 1. April 2015
Korea im Kachelhaus
Die Stadt, in der ich lebe, hat bestimmt viele Verbindungen mit Korea. Meine ganz persönliche hat sich gestern Abend spontan im Ay Grill (neben McDonald's, Nähe Hauptbahnhof) ergeben. In diesem kurdischen Restaurant habe ich gefühlt schon 1001 Linsensuppen gegessen. Am Tisch neben mir hatte jemand eine Pommes und bezahlte gerade. Er packte seinen Rucksack auf die Schulter, zeigte dem jesidischen Kellner seinen Bielefeld-Stadtplan und fragte mit zwei oder drei Worten und mit starkem amerikanisch-englischem Akzent nach dem Kachelhaus in der Altstadt. Leider kamen die beiden nicht weiter und ich hatte Lust, mich einzumischen. Der Kellner ging wieder und ich hatte plötzlich einen interessanten Gesprächspartner: Dieser Mann, vielleicht ein paar Jahre jünger als ich, war tatsächlich aus den USA und befand sich auf einer Rundreise von Südkorea über die Türkei, Luxemburg und Deutschland zurück nach Seoul - wo er die Transitional Justice Working Group, ein Projekt für Menschenrechte in Nord- und Südkorea, mitgegründet hat und nun weiter aufbaut. Er kam am Morgen hier in Bielefeld an, so erzählte er mir, schaute sich die Stadt an, sprach mit einigen Bielefeldern und wollte am nächsten Morgen (also jetzt, während ich dies schreibe) wieder nach Korea fliegen. Ich war etwas verwundert darüber, dass dieser Weltenbummler sich extra einen Tag für eine Stadt nimmt, die es ja, wie manche sagen, gar nicht mal gibt. Aber sein Motiv war ganz einfach sein Familienname: Bielefeld! So bin ich dann mit Daniel Bielefeld ins Kachelhaus gegangen, wo wir uns bei einem Franziskaner Weizen weiter unterhalten konnten und am Jahnplatz bald wieder verabschiedeten. Diesem Mister Bielefeld wünsche ich einen guten Flug! Möge sein Projekt aufblühen!
Nachtrag (23.06.2015): Dan Bielefeld hat mir gerade die folgenden 3 Fotos gemailt:
Freitag, 6. März 2015
Tor Miller
Headlights em Radio. Etj we bie ahr en fo nohus. Dee Dach we lang. Oabeit von zemorjens bett oppenowent. Tweschendrech bie ahm. Hee sed tjeen Wot. Wie tjitjde ons ruhig enne Oge. Wie were bute. See fruch lota no ahm. Etj we stell en trurich. Sie wada tus. Midnight em Internet. Dee Klock jeit opp dree. Bute woat et boolt wada dach. Benne vleicht uck.
Samstag, 21. Februar 2015
Internationaler Tag der Muttersprache
Soooo viele Sprachen werden inzwischen auch hier bei uns in Deutschland gesprochen - da wird einem ja schwindelig! Seit über 20 Jahren unterrichte ich Deutsch in verschiedenen Sprachkursen und höre dabei immer wieder auch die Muttersprachen der Kursteilnehmer. Ich mag es, immer wieder auch mal ein paar Wörter aus einer fremden Sprache zu lernen. Inzwischen arbeite ich seit etwas mehr als zwei Jahren auch in einem Jugendzentrum (AWO KiJu Brake) und auch hier reden wir zwar auf Deutsch miteinander, aber die meisten von uns sprechen zuhause eine andere Sprache: Kurdisch, Arabisch, Griechisch, Albanisch oder irgendeine andere. Da wir heute ja mal wieder den Muttersprachentag der UNESCO haben, habe ich einfachn mal einige Jugendliche aus dem KiJu nach ihren Sprachen gefragt - und dieses kleine Video hat mir Yeliz anschließend zusammengebastelt:
Sonntag, 11. Januar 2015
Charlie Hebdo
In dieser Woche ist in Paris etwas passiert, was auch mich nicht in Ruhe lässt. Schon wieder wurde im Namen des Islam zerstört und getötet. Heute Morgen habe ich etwas länger darüber nachgedacht, ob ich wohl auch so mutig gewesen wäre wie Stéphane Charbonnier, der Chefredakteur von Charlie Hebdo, der vor ein paar Tagen zusammen mit 11 anderen Journalisten erschossen worden ist.
Mich beeindruckt es wirklich sehr, was Charbonnier in einem TELQUEL-Interview gesagt und mit seinem Leben auch bewiesen hat:
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